Mit dem neuen Mercedes-AMG SL 2022 hat die traditionsreiche SL-Baureihe einen neuen Ableger. Diesmal wird das Luxus-Cabrio jedoch von AMG-Ingenieuren in Affalterbach entwickelt. Fahrt!
Dichter Nebel versperrt die Sicht und der Morgentau rollt in dicken Tröpfchen aus Jochen Hermanns aktuellem Dienstwagen – einem neuen Mercedes-AMG SL 2022, der zum Mitfahren einlädt. In der Eifel ist der Sommer vorbei, und selbst im Traum würde heute niemand freiwillig seinen Roadster aus der Garage holen. Vor allem nicht um 7.30 Uhr morgens. Es sei denn, er ist Technikchef bei AMG und verpasst einer Legende den letzten Schliff.
Trotz der kalten und ungemütlichen Morgenstunden sitzt Jochen Hermann also am Steuer eines ziemlich finalen Prototyps. Denn die Zeit drängt: Das Stuttgarter Unternehmen will im Herbst offiziell das Leichentuch vom lang ersehnten Nachfolger ziehen und pünktlich zum Start der nächsten Open-Air-Saison gegen Autos wie den BMW 8er oder der Porsche 911.
Auch wenn es nach Vergnügungsfahrt aussieht, steht das Projekt unter großem Druck: Der SL ist nicht nur DER Mercedes schlechthin und seit dem Flügeltürer aus den 1950er Jahren eine echte Legende. Es ist auch das erste Mal, dass AMG die alleinige Verantwortung für die Entwicklung übernimmt. Und da die letzten beiden Generationen nicht gerade die erfolgreichsten und beliebtesten waren, musste der Schuss mit dem neuen 2022 Mercedes-AMG SL genau richtig sein.
ERSTE FAHRT IM
Deshalb drückte AMG den Reset-Knopf und brachte den neuen Mercedes-AMG SL 2022 zurück zu seinen Wurzeln. Oder zumindest ein bisschen näher an dem, was einst als bester Sportwagen der Welt galt. Es beginnt mit dem Comeback des Verdecks statt des Klapphelms, der knackigere Proportionen hat, besser zur Tradition passt und auch ein paar Pfunde verschwinden lassen soll.
Weiter geht es mit den zwei zusätzlichen Sitzen in der zweiten Reihe wie beim R129, die nur Zwerge Sitze im Inneren nennen würden, die sich aber zumindest als zusätzlicher Stauraum eignen. Und das endet in einem Fahrerlebnis, das endlich wieder packt und begeistert, wie die erste Fahrt im neuen Mercedes-AMG SL 2022 zeigt. „Deshalb haben wir bei Null angefangen“, sagt Hermann. Die Motoren kennen wir vielleicht schon von anderen AMG Modellen.
Und der Innenraum sieht verdächtig nach S-Klasse aus – obwohl die Instrumententafel schlanker und das digitale Cockpit hinter dem Vierspeichen-Lenkrad mit seinen Touchpads und den Drehschaltern für die Fahrmodi, die Abgasklappen und das adaptive Fahrwerk kleiner geworden sind. Der vertikale Zentralbildschirm für das MBUX-System liegt jetzt frei vor dem Armaturenbrett und lässt sich per Knopfdruck neigen, um Reflexionen zu vermeiden und die Übersichtlichkeit des neuen Mercedes-AMG SL 2022 zu erhöhen.
Die Abgasklappen und das adaptive Fahrwerk sind kleiner. Der vertikale Zentralbildschirm für das MBUX-System liegt jetzt frei vor dem Armaturenbrett und lässt sich per Knopfdruck neigen, um Reflexionen zu vermeiden und die Übersichtlichkeit des neuen Mercedes-AMG SL 2022 zu erhöhen. die Abgasklappen und das adaptive Fahrwerk sind kleiner.
Der vertikale Zentralbildschirm für das MBUX-System liegt jetzt frei vor dem Armaturenbrett und lässt sich per Knopfdruck neigen, um Reflexionen zu vermeiden und die Übersichtlichkeit des neuen Mercedes-AMG SL 2022 zu erhöhen.
KOMFORT UND KONTROLLE
Der neue Mercedes-AMG SL 2022 präsentiert sich nicht als verlängerter AMG GT im Maßanzug, sondern als Solitär mit einzigartigem Aluminium-Spaceframe auf der selbsttragenden Struktur und mit einem anderen Grundriss: Um Platz zu gewinnen im hinten wurde das Getriebe nach vorne verlegt und arbeitet direkt hinter dem Motor. Und während GT-Fahrer: innen quasi auf der Hinterachse sitzen, sitzt der SL mittig im Auto, erklärt Hermann.
Das hat viele Vorteile in Sachen Sichtbarkeit und Wendigkeit, denn auch ein sportlicher SL muss alltagstauglich bleiben, während sich beim GT alles der Rennstrecken-Performance unterordnet. Der größte Unterschied liegt im Fahrverhalten selbst: Auch wenn Hermann sich bis zu den offiziellen Testfahrten gegen Ende des Jahres beharrlich weigert, die Sitze zu wechseln und das Lenkrad nicht aufgeben will, spürt man die Fortschritte schon beim ersten Fahrt.
Früher kraftvoll, aber etwas langsam und in Komfortwolken versunken, klebt der neue SL wie Pattex auf der Straße – und das ohne den Fahrer mit zu vielen Details des Straßenbelags zu belästigen. Während ein GT über Kanaldeckel und Schlaglöcher rumpelt und jede noch so kleine Unebenheit in den Hintern trifft, saugt der SL alle Reizungen auf, absorbiert die Reize und ermöglicht ein sanftes Cruisen, aber mit perfekter Kontrolle und Selbstvertrauen. Kein Schwanken, kein Schwanken, kein Stoßen, kein Ruckeln – nur solide Souveränität bei jeder Geschwindigkeit.
FAHRDYNAMIK
Tief im Inneren des neuen Mercedes-AMG SL 2022 – das spürt man bei der ersten Fahrt – steckt ein Kämpfer, nicht umsonst hat der SL die Mille Miglia gewonnen und hält dort immer noch den Streckenrekord. Gleiches gilt für die Lenkung, die Hermann als präzise und berechenbar beschreibt, ohne nervös oder überempfindlich zu sein. Vor allem auf den langen und kurvigen Straßen, die zum Nürburgring führen, muss er sich am Lenkrad nicht zu sehr anstrengen.
Ist der Kurs einmal festgelegt, nimmt der SL die Kurve geschmeidig und straff, ohne aus der Spur zu geraten. Und wenn die Straße enger wird und die Kurven schärfer werden, bewegen sich Hermanns Hände immer noch langsam. Kein Vergleich mit der mühsamen Arbeit, den Vorgänger zu bewegen oder der manchmal schwierigen Aufgabe, den GT unter Kontrolle zu halten, während er nervös wie ein wütender Hund an zu kurzer Leine dem Horizont entgegengeht.
Die größte Überraschung ist jedoch die gepanzerte Rückkehr am Ende der Fotostrecke, wenn der Fotograf zu einem weiteren Vorbeifahren aufruft: Dank der neuen Allradlenkung fühlt sich die rund fünf Meter lange Landyacht fast wie eine Kleinwagen und lässt sich auf Anhieb problemlos wenden. Selbst ein C 63 fühlt sich im Vergleich zum neuen Mercedes-AMG SL 2022er wuchtig an.
Motor
Fragt man Hermann bei der ersten Fahrt nach dem Antrieb des neuen Mercedes-AMG SL 2022er, wird der noch gesprächige AMG-Chef schnell wortkarg und die Plauderei-Stimmung ist plötzlich verflogen. Doch dieser Motor braucht keine Worte, er spricht seine Sprache: Ein tiefes, kultiviertes Grollen enthüllt den V8, wie wir ihn von so vielen AMG-Modellen kennen. Auch wenn es nicht so aggressiv und prahlerisch klingt wie zum Beispiel im GT. 4,0 Liter Hubraum, gefühlte gute 600 PS und Allradantrieb – diese Kombination steht für einen Sprintwert deutlich unter fünf Sekunden, das mühelose Erreichen von 250 km/h und mehr.
Und vor allem für eine steife Brise, wenn das Verdeck mit einem Fingertipp auf den kleinen Knopf unter dem großen Bildschirm geöffnet wird. Zumindest so viel lässt sich Hermann entlocken:“, sagt er und erinnert mit einem breiten Grinsen an den schrägen, aber faszinierenden SLS gut. Während er schon an Batterien und Kabel denkt, ist ihm eine andere Option noch gar nicht in den Sinn gekommen. Der seidenweiche V12 mag einst für den SL und sein luxuriöses Erbe berühmt gewesen sein, entspricht aber nicht dem sportlichen Anspruch der neuen Generation.
Ganz zu schweigen von seiner CO2-Bilanz und dem Schwergewicht an der Vorderachse, das die perfekte Balance des Autos stören würde. „Und selbst wenn wir diese Option in Betracht ziehen würden, würde der Motor einfach nicht unter die Haube passen“, macht Hermann jede Hoffnung auf eine Rückkehr des SL 65 oder SL 73 im neuen Mercedes-AMG SL 2022 zunichte.
